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3 min Lesezeit

Voice Commerce ist zurück – aber diesmal intelligent

Voice ist zurück – nicht als Gimmick, sondern als natürlicher Bestandteil intelligenter, kontextualisierter Customer Journeys.
Veröffentlicht am
July 1, 2025

Zwischen Hype und Realität: Voice erlebt seinen zweiten Frühling

Vor ein paar Jahren wurde Voice Commerce als nächste Revolution im digitalen Handel gefeiert. Große Versprechen, klobige Geräte und sehr viel Optimismus prägten die erste Welle. Doch was folgte, war Ernüchterung: Technisch unausgereift, schlecht integrierte Shoppingprozesse und ein Mangel an Relevanz für den Alltag der Konsumenten führten dazu, dass viele Brands den Kanal wieder einstellten. Heute stehen wir an einem anderen Punkt. Denn Voice ist zurück – nicht als Gimmick, sondern als natürlicher Bestandteil intelligenter, kontextualisierter Customer Journeys.

Für CMOs und Commerce-Leads: Zwischen Mehrkanal-Komplexität und Performance-Druck

Wer heute digitale Commerce-Prozesse verantwortet, muss mehr leisten als nur Produktverfügbarkeit und Conversion. Erwartet werden nahtlose Kundenerlebnisse über alle Touchpoints hinweg, kurze Ladezeiten, konsistente Produktinformationen und gleichzeitig Datenschutzkonformität. Die Komplexität steigt – und mit ihr der Bedarf an Systemen, die nicht nur ausliefern, sondern antizipieren. Genau hier entfaltet Voice sein Potenzial: als Brücke zwischen Convenience, Kontext und Geschwindigkeit.

Vom Touch zum Talk: Der neue Nutzungskontext von Sprache

Während die erste Voice-Welle von statischen Skills und geskripteten Dialogen geprägt war, eröffnen heute Large Language Models und Conversational AI ganz neue Möglichkeiten. Sprache ist nicht mehr nur Eingabe, sondern wird zur dynamischen Schnittstelle zwischen Kunde, Marke und System. Der Unterschied liegt in der Intelligenz: Moderne Voice Interfaces erkennen nicht nur Keywords, sondern verstehen Absicht, Kontext und sogar Stimmungen. Für Commerce-Teams bedeutet das: Der Kunde klickt nicht mehr – er spricht. Und erwartet, dass sein Anliegen erkannt und gelöst wird, ohne dass er dreimal wiederholen muss, was er eigentlich will.

Relevanz vor Reichweite: Warum Voice nicht für jede Marke Sinn macht

Trotz aller Fortschritte: Voice ist kein Selbstläufer. Wer glaubt, einfach einen Alexa-Skill entwickeln zu lassen und damit neue Umsätze zu generieren, wird auch in der zweiten Runde enttäuscht. Die entscheidende Frage lautet: Wann ergibt Sprache im Kaufprozess tatsächlich Mehrwert? Für wiederkehrende, kontextarme Anwendungsfälle – etwa Nachbestellungen, Statusabfragen oder einfache Services – kann Voice ein starker Kanal sein. Aber bei erklärungsbedürftigen, beratungsintensiven oder hoch individualisierten Produkten bleibt der klassische Webshop überlegen. CMOs und E-Commerce-Leiter sind daher gefordert, das Thema nicht aus dem Bauch heraus zu entscheiden, sondern mit echtem Kundenverständnis und Use-Case-Fokus.

Integrationen sind der Schlüssel – nicht die Plattform

Die technische Seite wird oft unterschätzt. Voice funktioniert nicht isoliert, sondern muss tief in die Commerce-Architektur eingebunden sein. Das betrifft Produktinformationen, Lagerbestände, CRM-Daten und vor allem: die Logik dahinter. Ein intelligenter Voice-Bot muss mehr können als nur vorlesen – er muss entscheiden, priorisieren und empfehlen. Das bedeutet für Commerce-Teams: ohne saubere Datenmodelle, stabile Schnittstellen und durchdachte Prozesse wird aus der smarten Oberfläche schnell ein frustrierender Blindflug. Gleichzeitig braucht es Security- und Privacy-by-Design. DSGVO-konforme Dialogverläufe, pseudonymisierte Nutzerprofile und transparente Opt-ins sind nicht optional, sondern Pflicht – auch (oder gerade) bei Voice.

Die neue Rolle des CMOs: Orchestrator statt Kampagnenmanager

Voice verändert nicht nur den Kanal, sondern die Organisation dahinter. Wer Sprache als Interface ernst nimmt, muss Customer Experience ganzheitlich denken. Das bedeutet, dass Marketing, IT, Produkt und Service enger zusammenrücken müssen. Der CMO wird dabei zur Schnittstelle zwischen User Experience, Technologie und Brand. Es geht nicht mehr nur um Kampagnen, sondern um Journeys, die sich individuell und situativ anpassen – durch KI, nicht durch Regeln. Genau hier liegt auch die Chance: In einer Zeit, in der Paid-Kanäle teuer und fragmentiert sind, wird der eigene Voice-Touchpoint zum direkten Kommunikationskanal mit enormem Potenzial für Loyalität und Differenzierung.

Erste Schritte statt großer Wurf: Warum Pilotprojekte besser funktionieren

Viele Unternehmen schrecken vor Voice zurück, weil sie den Eindruck haben, dass es gleich perfekt funktionieren muss. Das Gegenteil ist der Fall. Gerade weil die Technologie heute reifer ist, lassen sich Voice-Projekte inkrementell aufbauen. Ein klar abgegrenzter Anwendungsfall, ein valides Datenfundament und eine realistische Erwartungshaltung reichen für den Anfang. Wichtig ist, von Anfang an in UX, Datenschutz und Integration zu denken – nicht in Features. Voice braucht keine Roadmap mit zehn Funktionen, sondern ein Setup, das zuhört, versteht und löst.

Was kommt als Nächstes: Voice wird Teil der Gesamtstrategie

Die nächste Evolutionsstufe liegt in der Verschmelzung von Voice mit anderen Interfaces. Ob Smartphone, Smart Speaker, In-Car-System oder Webshop mit Mikrophon-Symbol – Sprache wird zur gleichwertigen Alternative zur klassischen Navigation. Unternehmen, die heute investieren, profitieren nicht nur von Early-Mover-Vorteilen, sondern bauen sich einen direkten, personenbezogenen Zugang zum Kunden auf, der unabhängig von Plattformen wie Meta oder Google ist. Das stärkt nicht nur die Markenbindung, sondern auch die Fähigkeit, Daten sinnvoll zu nutzen – sofern man es datenschutzkonform und nutzerzentriert angeht.

Voice ist zurück – und diesmal ist es ernst

CMOs und E-Commerce-Verantwortliche stehen heute vor der Aufgabe, Kanäle nicht nur zu managen, sondern neu zu denken. Voice ist kein Add-on, sondern ein strategisches Interface, das – richtig eingesetzt – Effizienz, Kundennähe und Relevanz steigert. Wer bereit ist, klein zu starten, technologisch sauber zu integrieren und echte Use Cases zu identifizieren, wird feststellen: Voice ist gekommen, um zu bleiben. Nur eben anders als beim ersten Mal – smarter, gezielter, wirkungsvoller. Und das ist eine echte Chance.

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