Execution First statt Innovation Theater: Wie Sie Ihre Digitalisierung entmystifizieren

Digitale Initiativen scheitern selten an fehlenden Ideen. Sie scheitern an der Umsetzung – oder daran, dass sie nie für Umsetzung gedacht waren. Wer es ernst meint mit digitalem Wandel, muss aufhören zu beeindrucken – und anfangen zu liefern.
Veröffentlicht am
March 10, 2025

Digitalisierung ist kein Spektakel

Wer heute durch Konzerne und mittelständische Unternehmen blickt, trifft auf beeindruckende Digitalisierungsinitiativen: Innovationshubs, Lab-Programme, agile Taskforces, Corporate Start-ups. Die Schlagworte sind modern, die PowerPoints glänzen, und auf LinkedIn entsteht der Eindruck, man sei technologisch ganz vorne dabei. Doch sobald man hinter die Kulissen schaut, zeigt sich oft ein anderes Bild: Prozesse, die weiter in Excel laufen. Daten, die nicht zusammenfinden. Technologien, die angeschafft, aber nicht genutzt werden. Digitalisierung wird inszeniert – aber nicht gelebt. Für CIOs, CDOs und digitale Verantwortliche ist das kein Stilmittel, sondern ein strukturelles Problem.

Innovation darf kein Selbstzweck sein

Digitale Initiativen scheitern selten an fehlenden Ideen. Sie scheitern an der Umsetzung – oder daran, dass sie nie für Umsetzung gedacht waren. Innovation wird zum Selbstzweck, zum Aushängeschild für Modernität. Doch eine neue App, die niemand nutzt, ein KI-Modell ohne verlässliche Datenbasis oder ein MVP, das nie den Piloten verlässt, bringen keinen echten Mehrwert. Für CDOs und CIOs liegt hier die Herausforderung: Sie müssen Innovation entmystifizieren. Weg vom Theater, hin zum Handwerk. Weg von der Außenwirkung, hin zur Wirkung im Inneren der Organisation.

Technologie beginnt im operativen Alltag

Ein weit verbreiteter Irrglaube ist, dass Digitalisierung im Innovationslabor beginnt. Tatsächlich beginnt sie dort, wo Menschen arbeiten. In Prozessen, in Kundenkontakten, in Systembrüchen. Wer Digitalisierung ernst meint, startet nicht mit einem Showcase, sondern mit einer Analyse: Wo entstehen Reibungsverluste? Welche Entscheidungen sind datenblind? Wo liegt die größte manuelle Last? Erst wenn diese operativen Realitäten verstanden sind, ergibt Technologie überhaupt Sinn. CIOs tun gut daran, ihre Transformationsprojekte nicht an der Innovationshöhe, sondern an der operativen Tiefe zu messen.

Execution First – was das wirklich bedeutet

Execution First heißt nicht, dass man Innovation ablehnt. Es heißt, dass man sie nicht romantisiert. Es geht darum, den Fokus dorthin zu verschieben, wo tatsächlicher Fortschritt entsteht: in der sauberen Integration neuer Tools, in der automatisierten Datenverarbeitung, in der echten Veränderung von Arbeitsweisen. Execution bedeutet, Unklarheiten zu beseitigen, Zuständigkeiten zu definieren, technische Realitäten zu berücksichtigen und alle Beteiligten in die Verantwortung zu nehmen. Für digitale Führungskräfte ist das der Moment, sich von der Rolle des Strategen zum Ermöglicher zu entwickeln.

Keine Wirkung ohne Integration

Eine der häufigsten Ursachen für gescheiterte Digitalprojekte liegt in der fehlenden Systemintegration. Neue Lösungen werden isoliert eingeführt, ohne Anschluss an Bestandssysteme, ohne durchdachte Schnittstellen, ohne Rücksicht auf Prozesse. Das Resultat: manuelle Brücken, doppelte Datenpflege, schwindende Akzeptanz. Wer Digitalisierung ernst nimmt, denkt von Anfang an in Systemlandschaften. APIs, Identity Management, Zugriffsrechte – das sind keine nachgelagerten IT-Themen, sondern Voraussetzungen für Skalierbarkeit. Für CIOs bedeutet das: Architekturen klar denken, Komplexität beherrschen, Kompromisse aktiv gestalten.

Zwischen Geschwindigkeit und Governance

Ein weiteres Spannungsfeld: Das Bedürfnis nach Geschwindigkeit kollidiert regelmäßig mit Anforderungen an Compliance, Datenschutz und interne Richtlinien. Die Lösung liegt nicht im Ignorieren von Regularien, sondern in der Fähigkeit, beides zusammenzudenken. Agile Prozesse brauchen verlässliche Rahmenbedingungen. Datenschutz braucht technologische Expertise. Wer Standards frühzeitig einbezieht, schafft nicht nur Sicherheit, sondern auch Geschwindigkeit. Denn nichts bremst Projekte stärker als nachgelagerte Freigabeschleifen. Execution First bedeutet daher auch: Governance aktiv gestalten – nicht als Kontrolle, sondern als Enabler.

Das richtige Maß an Pragmatismus

Ein Execution-First-Ansatz verlangt nicht nach Perfektion, sondern nach Pragmatismus. Nicht jeder Use Case braucht gleich eine skalierbare Plattform. Nicht jedes neue Tool muss konzernweit ausgerollt werden. Entscheidend ist, Wirkung zu erzielen – und aus dieser Wirkung zu lernen. Kleine Erfolge, sauber umgesetzt, schaffen Vertrauen und machen Appetit auf mehr. CDOs sollten den Mut haben, auch mit unvollständigen Lösungen zu starten – solange der Weg zur Skalierung klar ist. Und CIOs müssen dafür sorgen, dass diese Skalierung technisch möglich bleibt, ohne die Organisation zu überfordern.

Der Faktor Mensch: Akzeptanz vor Effizienz

Digitale Umsetzung wird oft technokratisch gedacht – dabei entscheidet letztlich der Mensch über Erfolg oder Scheitern. Tools, die nicht genutzt werden, Prozesse, die nicht verstanden werden, Systeme, die Angst statt Erleichterung auslösen: All das sabotiert selbst die besten Projekte. Deshalb muss Execution immer auch Enablement bedeuten. Mitarbeiter brauchen Zeit, um neue Tools zu verstehen. Sie brauchen Ansprechpartner, Vertrauen, Raum zum Ausprobieren. Wer Akzeptanz nur als Schulung versteht, greift zu kurz. Wirkliche Transformation entsteht, wenn Menschen die Veränderung mitgestalten dürfen.

Daten als Fundament, nicht als Nebenprodukt

Viele Digitalisierungsvorhaben bauen auf Daten – ohne die Datenbasis je zu hinterfragen. Doch wer blind der eigenen Datenlage vertraut, digitalisiert bestenfalls vorhandene Fehler. Datenqualität, Datenzugänglichkeit, semantische Klarheit: Das sind die echten Hebel. Ohne sie wird jede KI-Lösung zur Blackbox, jeder Report zur Illusion von Kontrolle. Execution heißt in diesem Fall: Datenarchitektur priorisieren, Verantwortlichkeiten klären, Metadaten etablieren. Für CIOs bedeutet das, Data Governance nicht als Compliance-Thema zu betrachten, sondern als strategische Infrastruktur für digitale Entscheidungen.

Digitalisierung ist Veränderung, nicht nur Technologie

Am Ende ist Digitalisierung keine Frage des Tools, sondern der Transformation. Und Transformation ist unbequem. Sie verlangt Mut, Konsequenz, Geduld. Sie fordert Organisationen heraus, sich neu zu denken, Machtverhältnisse zu hinterfragen, gewohnte Abläufe zu verlassen. Für CDOs und CIOs bedeutet das: Vorbild sein. Nicht nur über Veränderung sprechen, sondern sie aktiv gestalten. Teams befähigen, Vertrauen schaffen, Fehler zulassen. Execution First heißt: Digitalisierung mit Haltung. Nicht als Show. Sondern als echte, greifbare Veränderung, die bleibt.

Vom Innovationstheater zur echten Veränderung

Wer Digitalisierung als Theater inszeniert, riskiert nicht nur Ressourcen, sondern auch Vertrauen. Mitarbeitende, die die dritte Strategie in fünf Jahren erleben, verlieren irgendwann den Glauben an Wirkung. Kunden merken, wenn die schöne App nicht mit dem Backend spricht. Führungskräfte resignieren, wenn Roadmaps nie Realität werden. Execution First ist kein Modewort – es ist die Grundhaltung, die Transformation überhaupt erst möglich macht. Wer es ernst meint mit digitalem Wandel, muss aufhören zu beeindrucken – und anfangen zu liefern.

Newsletter
Wir informieren regelmäßig, zu neuen Projekten, Trends und Neuigkeiten.
Lesen Sie unsere Datenschutzerklärung.
Thank you! Your submission has been received!
Oops! Something went wrong while submitting the form.